Neuer Standard IFC 4.3: Verbesserter Datenaustausch für Infrastrukturprojekte

Das IFC-Format ist nicht nur eine Schnittstelle für den Austausch von BIM Modellen, sondern auch ein Standard für die Struktur und Klassifizierung eines Modells. Dieser Aufbau ist für die OpenBIM-Methode entscheidend, um einen fehlerfreien Datenaustausch zwischen BIM-Software zu gewährleisten. Die bisherigen IFC-Versionen insbesondere die bisher meistverwendete Version IFC 2×3 bildete lediglich den Hochbau (vertikale Bauwerke) ab. Die Baumstruktur, in der alle Bauteile geordnet werden, bestand aus Gebäude und Geschosse. IFC-Typen mit denen Bauteile klar zugeordnet werden können, begrenzten sich auf Hochbau Teile wie Wände (IfcWall) oder Decken (IfcSlab). Wollte man also ein Tiefbau BIM Projekt mit der IFC 2×3 Version abwickeln, musste man seine Strassen und Kanalisationen in unterschiedliche Geschosse eines Gebäudes zuordnen. Die Bauteil Typen wurden zum grossen Teil als IfcBuildingElementProxy (nicht näher definierter Platzhalter) festgelegt. Somit waren IFC-Dateien für Infrastrukturprojekte auf einer technischen Ebene nicht besonders hoch und schränkten zum Beispiel modellbasierte Prozesse wie die automatische Mengenermittlungen ein.
Mit dem Release der IFC-Version 4.3 ADD2 im Januar 2024 und der Anerkennung als weltweit gültiger ISO-Standard, steht uns nun eine IFC-Version zur Verfügung die neben Hochbau Bauwerke auch den Infrastrukturbau (horizontale Bauwerke) im Bereich Strasse, Eisenbahn, Brücken und Hafen/Wasserwege abdeckt.
Mit der sich in Entwicklung befindenden Version 4.4 wird der Tunnelbau ergänzt.
Die IFC 4.3 Neuigkeiten wurden schrittweise bereits seit 2023 in cadwork 2DR & lexocad eingeführt.

Folgend werfen wir einen Blick auf drei Neuigkeiten in IFC 4.3:

• Modellstruktur
• Bauteil Typen
• Streckenführung (Alignment)

Modellstruktur

Das IFC-Schema bildet sich in einer hierarchischen Struktur ab. Diese beginnt mit einem Projekt an diese dann Entities zur räumlichen Struktur angehängt werden. In IFC 2×3 waren diese bisher auf IfcSite, IfcBuilding und IfcBuildingStorey begrenzt (Bauplatz, Gebäude und Geschoss). In die entsprechenden Geschosse wurden dann die verschiedenen Bauteile zugeordnet.

Abbildung 2 Elementwand BTLviewer

Neu wurden für Linienbauwerke auf der Ebene des IfcBuilding neue Varianten hinzugefügt, diese werden IfcFacilities genannt. Hinzugekommen sind IfcRoad für Strassen, IfcRailway für Gleisbau, IfcBridge für Brücken und IfcMarineFacility für Hafen und Seestrassen.

Abbildung 3 Einzelbauten

Die darunterliegende Stufe wird bei IfcBuilding weiterhin IfcStorey (Geschoss) genannt, während bei den neuen Facilities die Part heissen. Unter IfcRoad befindet sich somit ein IfcRoadPart, unter IfcRailway ein IfcRailwayPart und so weiter. In diese Parts werden dann die einzelnen Bauteile untergebracht. Das System ist flexibel genug und lässt zum Beispiel zu, dass eine IfcRoad an eine IfcRoad angehängt werden kann (Project -> IfcSite -> IfcRoad -> IfcRoad -> IfcRoadpart -> Bauteile). Dies ist wichtig damit die Vorlage des Auftraggebers für die Modellstruktur der Fachmodelle korrekt umgesetzt werden kann.

Abbildung 3 Einzelbauten

Kanalisation & Werkleitungen erhalten keinen eigenen Facility Typ, sondern können in die dazugehörigen Facilities eingebettet werden. Zum Beispiel könnte eine Strassenentwässerung in einen Road Part Platz finden. Leitungen können zusätzlich auch in einem IfcDistributionSystem gruppiert werden. So lassen sich zusammenhängende Systeme, die in unterschiedlichen Facilities geordnet sind, erfassen.

Bauteil Typen

In einem IFC-Modell hat jedes Bauteil einen IFC-Typ zugeordnet und kann mit einem vordefinierten Typ genauer festgelegt werden. Als Beispiel ist eine Decke ein IfcSlab und kann den vordefinierten Typ Baseslab (Bodenplatte) erhalten. Wie anfangs erwähnt wurden Tiefbau Objekte bisher als Platzhalter sogenannte IfcBuildingElementProxy erfasst. Mit der Version IFC 4.3 stehen neue Typen zur Verfügung, unter anderem (Liste nicht vollständig):

  • IfcCourse – Strassenkörper
  • IfcPavement – Trottoir
  • IfcKerb – Randstein
  • IfcEarthworksFill – Aufschüttung
  • IfcEarthworksCut – Aushub
  • IfcSign – Verkehrsschild
  • IfcPipeSegment – Kanalisation Leitung
  • IfcDistributionChamberElement – Kanalisation Schacht
  • IfcRail – Gleisbau Schiene
  • IfcTrackElement – Gleisbau Schwelle

Dazu kommen je die vordefinierten Typen zur genaueren Bezeichnung. Als Beispiel wären diese bei einem IfcCourse Typ folgende:

  • Armour – Eine Deckschicht, um darunter liegende Schichten zu schützen.
  • Ballastbed – Eine Schicht aus gebrochenen Steinen unter Schwellen (Gleisbau).
  • Core – Bildet der Kern einer mehrteiligen Struktur.
  • Filter – Eine Zwischenschicht.
  • Pavement – Eine Schicht der Teil einer gepflasterten Strasse ist.
  • Protection – Eine Schutzschicht gegen Erosion.
  • Userdefined – Benutzerdefinierter Typ.
  • Notdefined – Undefinierter Typ.

Bauherren wie die SBB und Kantone aber auch Organisationen wie die CRB bieten mit ihren Fachdatenkataloge ein Mapping an, damit man seine Bauteile den korrekten IfcTypen zuordnen kann.

Bild: Strassenquerschnitt aus lexocad mit IFC-Typ, vordefinierter Typ und eBKP-T Bezeichnung.

Bild: Kanalquerschnitt aus lexocad mit IFC-Typ, vordefinierter Typ und eBKP-T Bezeichnung.

Bild: Gleisquerschnitt aus lexocad mit IFC-Typ, vordefinierter Typ und eBKP-T Bezeichnung.

Streckenführung (Alignment)

In Infrastrukturprojekten mit einem Linienbauwerk ist die Kilometrierung ein grundlegendes Element. Wollte man bisher eine Achse mit horizontaler und vertikaler Linienführung teilen, musste man auf alternative Schnittstellen wie LandXML oder Toporail zurückgreifen und diese zusätzlich zum IFC-Modell liefern.

Auch dafür bietet IFC 4.3 mit dem IfcAlignment eine Möglichkeit Achsen in ein BIM Modell zu hinterlegen und zwischen unterschiedlichen Softwares auszutauschen. Die Achse wird dabei nicht als ein 3D Objekt erfasst, sondern klassisch in horizontale (IfcAlignmentHorizontal) und vertikale (IfcAlignmentVertical) Linienführung mit Geraden, Kreisbögen sowie lineare und nichtlineare Krümmungsvarianten (z.B. Klothoide). Daraus kann dann eine 3D Repräsentation dargestellt werden. Für den Gleisbau gibt es zusätzlich das Quergefälle respektive Gleisüberhöhe (IfcAlignmentCant).

Das Alignment dient dabei auch der Stationierung (IfcReferent) von Objekten. So können Bauteile neben ihrer eigentlichen Lage (X, Y, Z) auch relativ auf eine Alignment Achse verweisen, dabei wird nicht nur die Kilometrierung, sondern auch der vertikale und orthogonale Offset zur Achse berücksichtigt.
Lineare Bauteile wie Randsteine können sich auch mehrmals (Anfang/Ende) auf das Alignment beziehen.

Bild: Horizontale und vertikale Achslinien aus cadwork 2dr werden neben der 3D Geometrie nach lexocad übertragen und können von dort aus, als IFC 4×3 in andere OpenBIM Software exportiert werden.

Fazit

Das Alignment bildet neben der Struktur, den Typen und weiteren Neuigkeiten ein wichtiges Element, um eine bessere Datenqualität zu erreichen, damit BIM Infrastrukturprojekte mit der OpenBIM Methode umgesetzt werden können. Somit macht es Sinn bei einem neuen BIM Projekt direkt auf IFC 4.3 zu setzen. Cadwork 2DR, lexocad und die CDE Plattform BIMteam unterstützen das IFC 4.3 Format für Import & Export. Es sollte jedoch unbedingt eine exportierte IFC 4.3 Testdatei ausgetauscht werden, um zu überprüfen, ob alle Programme der Stakeholder die Version fehlerfrei unterstützen. Die meisten Softwarehersteller integrieren die Features von IFC 4.3 schrittweise.